Fast alle kommerziell erhältlichen Elektroautos basieren heute auf Lithium-Ionen Batterien und in diesem Beitrag möchte ich darauf eingehen, wie sich das Auto an der Ladestation gegenüber dem Stromnetz verhält.
Grundlagen
Elektrische Leistung (Einheit Watt, kurz W) ist einfach gesagt das Produkt aus Strom (Einheit Ampere, kurz A) und Spannung (Einheit Volt, kurz V). Und damit wir nicht überall Tausende von Watt aufschreiben müssen, sagen wir Kilowatt (kurz kW) für 1000 W. Die Energiemenge (kWh) ist das Produkt aus Leistung (kW) und Zeit (Stunden, kurz h). Ein Zahlenbeispiel: Lädt ein Auto an einer Haushaltssteckdose (230 V) über 3 Stunden konstant 7 Ampere, dann lädt es über 3 Stunden mit einer Leistung von 1610 W (=7 A * 230 V) bzw. 1.6 kW oder anders gesagt während dieser Zeit insgesamt eine Energie von 4830 Wh (=1610 W * 3 h) bzw. 4.8 kWh
Nun sind aber Lithium-Ionen-Akkus etwas komplizierter, und sie laden nicht konstant die gleiche Werte. Der elektrischen Ladevorgang kann in hauptsächlich zwei Abschnitte unterschieden werden:
- Konstanter Strom: Ist der Akku nicht tief entladen, kann der Akku mit gleichbleibendem Strom geladen werden. Bis zu einer bestimmten Grenze hin, kann so auch sehr schnell sehr viel Energie gespeichert werden.
- Konstante Spannung: Ist die Kapazität etwa bei 80% wird der Strom gedrosselt und die Spannung wird variiert. Der Strom singt immer weiter bis der Akku vollständig geladen ist.
Details zur Lithium-Ionen-Ladetechnik, findet man auf einschlägigen Elektronikseiten (Link).
Bei Elektroautos gibt es grundsätzlich zwei unterschiedliche Ladeverfahren: Schnellladung per Gleichspannung (englisch Direct Current – DC) und Ladung per Wechselspannung (englisch Alternating Current – AC). Jede Batterie wird mit Gleichspannung geladen. Die zwei Systeme unterscheiden sich also, wo der Wechselrichter sitzt, der die Wechselspannung in Gleichspannung wandelt. In allen Fahrzeugen ist ein Wechselrichter, der die Wechselspannung aus unserem Stromnetz wandeln kann. Dieser ist aber aus wirtschaftlichen Gründen in Platz und Gewicht beschränkt, so dass er nur eine bestimmte Leistung wandeln kann. An einer Schnellladestation kann ein Wechselrichter die Grösse eines Gartenhüüsli einnehmen um ein Fahrzeug in wenigen Minuten elektrisch betanken zu können. Im Folgenden schauen wir uns nur die Wechselrichter in den Fahrzeugen an, die ein wichtiges, technisches Detail eines Elektroautos sind.
Ladeleistung
In den Fahrzeugbroschüren finden sich die Angaben zur Ladeleistung des Wechselrichters an Board, beispielsweise 2.3 kW, 3.6 kW, 11 kW oder 22 kW – mit welcher Leistung aber tatsächlich geladen wird, hängt von vielen Faktoren ab: Batterieladestand, Ladestation, Stromanschluss, Umgebungstemperatur, etc. So ergeben sich folgende Graphen:
Im ersten Beispiel lädt das Fahrzeug nur einen Teil nach – die Batterie bleibt über die ganze Zeit in der ersten Phase mit konstantem Strom und schaltet dann den Ladevorgang ab. Im Fahrzeug wurde beispielsweise eingegeben, dass nur bis 80% aufgeladen werden soll. Bei den beiden anderen Beispielen wird kurzzeitig mit konstantem Strom geladen (oberes Plateau), aber schnell fällt die Leistung ab, höchstwahrscheinlich weil die Batterie voll ist (unteres Plateau). Die maximale Reichweite wird so bei der nächsten Fahrt zwar ermöglicht, die Lebensdauer des Akkus könnte damit aber auch belastet werden.
Der aufmerksame Leser könnte sich fragen, wie kommt beim ersten Beispiel die etwa 7 kW zustande? Der Wert steht wohl so in keiner Broschüre.
Einphasiges und mehrphasiges Laden
Unsere Haushaltssteckdosen haben drei Buchsen: ein Kabel über das die Leistung übertragen wird (Phase), ein Kabel über das der Stromkreis geschlossen wird (Neutralleiter) und ein Kabel zum Schutz und Überwachung (Erde). Wieviel Leistung über ein Kabel übertragen werden kann, hängt ab von der Dicke des Leiters, dem Material, der Verlegeart, der Umgebungstemperatur, etc. Auch wenn eine Steckdose mit beispielsweise mit einer Sicherung für 10 Ampere in der Garage vorhanden ist, muss ein Elektriker die Kabelführung überprüfen, ob dies auch wirklich für eine Dauerlast wie ein Elektroauto ausgelegt ist. Für die meisten Küchenherde, manche Waschmaschinen und vor allem industrielle Anlagen reicht die Leistung, die über eine Phase in einem normalen Kabel übertragen werden kann nicht aus. Es ist wirtschaftlicher mehrere Phasen parallel als ein einzelnes Kabel dicker oder aus besser leitendem Material zu verlegen. Bei uns hat man seit jeher Anlagen, Trafostationen und Netze so ausgebaut, dass man in jedem Haus drei Phasen finden kann (anders in Frankreich, wo es meist nur eine Phase gibt). Dafür gibt es spezielle Fünfpolige Stecker: drei Phasen, über die die Leistung übertragen wird, den Neutralleiter, über den der Stromkreis geschlossen wird, und ein Erdungskabel zum Schutz
Schliesst man an eine solche dreiphasige Steckdose (auch Drehstrom, Starkstrom oder 400 Volt Steckdose genannt) ein Elektroauto an – oder eine Ladestation, an der ein Elektroauto lädt, dann sieht man, wie sich der Ladevorgang auf die einzelnen Phasen aufteilt. In den unteren Beispielen sieht man die drei Phasen aufgeteilt in drei unterschiedliche Farben. Die Leistungen pro Phase werden aufaddiert dargestellt.
So sieht man im ersten Beispiel, dass zwei Phasen zu etwa je 3,6 kW (das entspricht einem Strom von 16 A) genutzt werden, die dritte Phase bleibt ungenutzt. In den anderen beiden Beispielen wird auf allen drei Phasen gleichzeitig mit bis zu 16 A geladen. Auch wenn in Summe die Ladeleistung 3000 Watt längst unterschritten hat, schaltet das Fahrzeug nicht auf einphasige Ladung um. Das bedeutet für die Hausinstallation, das über die gesamte Zeit auf allen drei Phasen die maximale Leistung zur Verfügung stehen muss. Ein integriertes Lademanagement könnte hier sehr gut mehrere Fahrzeuge parallel laden oder auf den Stromverbrauch der Hausgemeinschaft eingehen – eine interessante Technik, die es auch in der Schweiz zu kaufen gibt, kommt dazu aus Norwegen, wo bereits mehr Elektroautos als Herkömmliche verkauft werden (Link).
Auch wenn ein Fahrzeug über eine 22 kW Ladestation angeschlossen ist (das heisst dreiphasig bis zu 32 Ampere), kann das Auto nur so schnell laden, wie der fahrzeugeigene Wechselrichter zu wandeln vermag:
Natürlich gibt es auch Situationen, bei denen man aus den Leistungsdaten nicht genau schliessen kann, was das Auto jetzt eigentlich macht. Folgende Darstellung soll zeigen, wie schwierig eine Ladeprognose für ein Auto sein kann: