Benötigte Reichweite einfach abschätzen

Elektromobilität möglich gemacht

In diesem Artikel möchte ich verschiedene Möglichkeiten vorstellen, wie man von vornherein abschätzen kann, wie gross die Reichweite eines Elektroautos sein muss, um Alltagssituationen einfach bewältigen zu können.

Fahrtenbuch

Wer bereits häufig mit einem Auto fährt, der führt am Besten ein Tagebuch über seine Fahrten. Es reicht, wenn der Kilometerstand am Tacho pro Tag erfasst wird. In unseren Tools nennen wir das Tageskilometer.

Erfassen

Persönlich habe ich drei Arten ausprobiert:

  1. Das klassische kleine Büchlein, das man mit sich trägt, ist vordergründig die einfachste und einleuchtendste Methode. Sie ist auch sehr kostengünstig und genau. Jedoch habe ich mich öfter erwischt, dass ich in stressigen Situationen vergessen hatte die Kilometer aufzuschreiben oder das ganze Heft vergessen hatte, weil ich es zwischen verschiedenen Autos hin und her nahm. Wäre es immer im Auto wäre das sicher einfacher gewesen.
  2. Pace ist ein elektronisches Fahrtenbuch, also ein kleines Gerät, das man an die Diagnoseschnittstelle des Autos anschliesst, von wo aus es viele Daten über das Auto sammelt und über Bluetooth an ein Mobiltelefon mit App sendet. So können viele verborgene Funktionen des Autos genutzt werden und die App bieten noch weitere Spielereien (automatischer Notruf bei Unfällen, Spritspartrainer, Fehlercode Analyse, uvm.). Leider werden nur Daten gesammelt, wenn das Mobiltelefon im Fahrzeug ist und das Bluetooth verbunden ist. Somit habe ich auch im Vergleich zum klassischen Fahrtenbuch einige Fahrten nicht aufgezeichnet. Es gibt andere, festverbaute Systeme, die das Problem nicht haben, jedoch auch aufwendiger bei der Installation und teurer im Unterhalt sind.
  3. Überraschend fand ich heraus, dass ich bei Google Maps vor einigen Jahren aktviert hatte, dass all meine Bewegungen mit dem Mobiltelefon aufgezeichnet werden sollen. Wenn ich mit meinem Google Account, den ich auf dem Handy nutze, angemeldet bin und die Webseite https://www.google.ch/maps/timeline besuche, dann kann ich sehen, wo ich in den letzten Tagen und Wochen mit welchen Verkehrsmitteln mit dem Mobiltelefon unterwegs war. In selten Fällen verwechselt der Algorithmus dahinter noch die Fahrzeugart (Zug statt Auto, etc.) aber die Aufzeichnung ist quasi lückenlos.

Auswerten

Nimmt man nun eine Auflistung der letzten Tage mit den gefahrenen Tagesdistanzen, könnte man einfach die maximale Distanz heraussuchen und erhält so, welche Reichweite ein Elektroauto mindestens haben muss, um diese tägliche Strecken ohne Nachladen fahren zu können. Wenn man das Wetter noch berücksichten möchte, kann man unser Wetterprognosetool nutzen, um einen Korrekturfaktor einzurechnen.

Folgende Gedanken können aber helfen, die elektrische Reichweite zu minimieren, und so auch Kosten zu sparen:

  • Gab es aussergewöhnliche Fahrten? Zum Beispiel habe ich in meinem Fahrtenbuch eine Fahrt nach Paris entdeckt, die ich beruflich mit dem Auto machen musste, die ich privat nie gemacht hätte. Oder letzten Sommer waren wir mit dem Wohnmobil in Österreich unterwegs, also eine Fahrt, die wir nicht elektrisch planen wollen.
  • Gab es Strecken bei denen ein Zwischenstopp zum Nachladen denkbar und vielleicht angenehm gewesen wäre? Mindestens drei Mal im Jahr fahre ich meine Familie in München besuchen. Dabei halte ich auch heute gerne am Bodensee in einem Restaurant an. Diese kurze Essenpause würde sich auch Ideal zum Laden planen und nutzen lassen.
  • Gibt es Strecken bei denen es undenkbar wäre, wenn man etwas später kommt? Also für mich wäre es am morgen oder abend auf dem Weg zur Arbeit mit dem Auto zwar nicht schlimm, aber nervig irgendwo 30 Minuten zu warten um die Batterie nachzuladen. Ich möchte mit einer Ladung sicher hin und zurück fahren können – auch im Winter oder Hochsommer.

Wer gerne mit seinen Daten spielerisch umgeht und einige Daten mit der Google Timeline gesammelt hat, kann auf der Webseite locationhistoryvisualizer.com eine sogenannte Heatmap erzeugen lassen. Das Bild zum Beitrag ist dort mit meinen Daten über mehrere Jahre entstanden:

Stichprobe Routenplaner

Nun würde ich die theoretischen Angaben aus dem Fahrtenbuch mit einem Routenplaner verifizieren, ob die Streckenangaben realistisch sind. Weil sich Elektroautos anders verhalten als Benzinautos (Klimaanlage, Heizung, etc.) gibt es leider noch kein so grosses Angebot über frei verfügbare Werkzeuge.

Familie Hannel aus den USA hat einen Routenplaner speziell für Elektroautos entwickelt, mit dem sich der Energieverbrauch ziemlich präzise schätzen lässt.  Dabei lassen sich viele Parameter einstellen, um das Ergebnis möglichst an die eigenen Fahrbedingungen anpassen zu können. Ich empfehle, stichprobenartig einige weite Strecken auszuwählen, die regelmässig gefahren werden sollen und diese im Routenplaner auszuprobieren. Die englische Webseite lautet evtripplanner.com und kann wunderbar auch für die Schweiz und Europa verwendet werden.

 

Kartenstudie

Es gibt spezielle Karten, auf denen abgebildet ist, wieweit man beispielsweise innerhalb einer Stunde mit dem Auto kommt.  Orte, die also alle gleich lange von einem Ort entfernt sind, nennt man isochrom. Wenn man nun weiss, wielange man mit seinem Elektroauto fahren kann, bis der Akku leer ist, könnte man Isochrome Karten nutzen, um herauszufinden, wie weit man denn käme.

Leider wissen wir aber nicht wieviel Zeit wir haben, sondern wieviele Kilometer wir kommen. Die Berechnung welche Orte aber gleichweit von einem Punkt entfernt sind, sind jedoch weitaus schwieriger als man denkt. Wenn man einen einfachen Kreis um einen Punkt zieht, unterschätzt man die ganzen Kurven, Abbiegungen und Kreuzungen, die auf dem Weg liegen. Die Schwankungen sind teilweise imens.

Also nutzen wir ein Tool der Webseite Openrouteservice mit dem wir zumindest Bereiche bis 100km auf der Karte einzeichnen lassen können, die wir mit dem Auto erreichen können. Im Bild unten habe ich rund um meine neue Heimat Sursee Bereiche bis 100km rot und Bereiche mit 50km grün eingefärbt:

Das bedeutet, hätte ich ein Fahrzeug mit nur 100km Reichweite, könnte ich im grünen Bereich hin und zurückfahren ohne Nachzuladen. Der rote Bereich kann ohne Nachladen erreicht werden, aber dort müsste dann Nachgeladen werden, um zurück zu kommen. Hätte man ein Fahrzeug mit 200km Reichweite wäre auch der rote Bereich hin und retour möglich.

Leider erlaubt die Webseite kostenlos nur Berechnungen bis 100km – wir arbeiten daran einen ähnlichen Service anbieten zu können, ohne Distanzbeschränkung.

 

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